Streik ist ein Grundrecht! Dabei ist es wichtig, sich nicht von den Vorgesetzten einschüchtern zu lassen. Die Arbeitgeber versuchen immer wieder, die Beschäftigten zu verunsichern und sie vom Streiken abzuhalten. Denn beim Streik wird die Arbeit eingestellt. Das ist eine besondere Situation, eine Ausnahmesituation. Damit keine Unsicherheiten auftreten, haben wir Infos in Form von Fragen und Antworten zusammengetragen.
Kleine Erklärfilme zum Thema Tarif und Streik von der Hans-Böckler-Stiftung : https://www.boeckler.de/de/dossier-tarifpolitik-43236.htm
Was ist ein Streik, wodurch unterscheiden sich Warn- und Erzwingungsstreik?
Hierzu schau dir am Besten mal das Video der Kolleg:innen der IG Metall an. Solange ein Tarifvertrag noch nicht ausgelaufen ist, herrscht Friedenspflicht, es darf also nicht gestreikt werden zu Themen, die über den Tarifvertrag geregelt sind. Anders sieht das aus, nachdem die Laufzeit des Tarifvertrags vorbei ist: Ab dann darf eine Gewerkschaft zu Warnstreiks aufrufen – auch dann, wenn noch Verhandlungen laufen. Warnstreiks sind zeitlich begrenzt und sollen dem Tarifpartner die allgemeine Streikbereitschaft verdeutlichen. Bei einem Erzwingungsstreik (= unbefristeter Streik) wird das Scheitern der Verhandlungen per Urabstimmung festgestellt. Bei einem Streik (egal ob Warnstreik oder unbefristet) ruhen die Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag.
Wer darf streiken?
Alle Beschäftigten, die unter den Tarifvertrag fallen, haben ein Streikrecht. Sie dürfen streiken, sobald eine Gewerkschaft zum Streik aufruft. Das Streikrecht ist ein Grundrecht und ergibt sich aus dem deutschen Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3 GG). Dieses Recht hat man auch, wenn man nicht Mitglied der zum Streik aufrufenden Gewerkschaft ist. Übrigens fallen sogenannte „AT-Beschäftigte“ nicht unter einen Tarifvertrag und werden deshalb von der EVG nicht zum Streik aufgerufen. Ein durch das Grundgesetz abgedecktes Streikrecht haben aber AT-Kräfte dennoch – sie können sich mit den Streikenden solidarisch zeigen und ebenfalls in den Ausstand treten.
Nachwuchskräfte haben ebenfalls ein Streikrecht, allerdings nur während der betrieblichen Praxis-Phasen. Eine Streikteilnahme während der Berufsschul-Zeiten oder Vorlesungszeiten an der Dualen Hochschule ist nicht erlaubt. Aber nach der hessischen Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (§3 Absatz 2) kann der/die Klassenlehrer:in Auszubildende bis zu zwei Tagen vom Unterricht freistellen. Zumindest an der Frankfurter Werner-von-Siemens-Schule sollte das so funktionieren (ansonsten informiert bitte Eure JAV!). Es ist auch für Azubis im ersten Ausbildungsjahr entgegen anderslautenden Infos nicht notwendig, einen Tag Urlaub zu nehmen – entweder Urlaub oder Streik – beides zusammen ergibt keinen Sinn…..
Ich habe Rufbereitschaft. Darf ich auch streiken? Muss ich mich vorher abmelden oder jemanden anrufen?
Auch wenn Du Rufbereitschaft hast (selbst für ein Verfahren mit SL Gold), kannst du dich am Streik beteiligen. Du musst auch niemandem vorher Bescheid geben, dass du dich am Streik beteiligst. Und wenn Du ganz nett bist, besprichst du die Mailbox von deinem Mobiltelefon entsprechend.
Bei der DB Systel gibt es keine Notdienstvereinbarung. Einseitig vom Arbeitgeber angeordnete Notdienste wären ohnehin unrechtmäßig.
Weitere Details hier.
Muss ich mich bei meinem Vorgesetzten zum Streik abmelden?
Nein, dazu bist du rechtlich nicht verpflichtet. Wenn die Gewerkschaft EVG zum Streik oder auch zum Warnstreik aufgerufen hat, ist automatisch die Arbeitspflicht für die Dauer des Streiks aufgehoben. Das gilt übrigens auch dann, wenn eine andere Gewerkschaft zum Streik aufgerufen hat. Sollten Verhaltens- und Abmeldepflichten beim Verlassen des Arbeitsplatzes oder des Betriebs bestehen, gelten diese nicht für Streiks. Auch im Homeoffice musst du dich nicht abmelden.
Ist es verboten, als Führungskraft die Namen bzw. die Anzahl der Streikenden zu melden?
Nein ist es nicht.
Für die DB Systel gilt: wir haben in den Rollenbeschreibungen AM / PO / UT als Anlagen zur GBV Trafo wohlweislich für keine der Rollen die Aufgabe bzw. Verantwortung festgeschrieben, Streikende „nach oben“ zu melden.
Es ist das Wesen und das Ziel eines Streiks, dass auch der Arbeitgeber merken soll, dass gestreikt wird und dass er auch bemerken soll, dass seine Leute nicht zur Arbeit erscheinen bzw. die Arbeit niederlegen.
Wenn jemand die Courage hat, sein Grundrecht nach Artikel 9 GG (https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_9.html) wahrzunehmen, kann man dann nicht auch die Courage erwarten, einer Bitte des Arbeitgebers nicht umgehend nachzukommen?
Ganz sicher muss ich es nicht tun, während ich selbst streike, denn die Nachricht zu versenden, würde Arbeit bedeuten.
Kann ich abgemahnt oder gekündigt werden, wenn ich streike?
Ein deutliches Nein! Wenn der Arbeitgeber das Gegenteil behauptet, will er dich nur verunsichern und dich von deinem Streikrecht abhalten. Rechtlich gilt das „Maßregelungsverbot“; d.h. der Arbeitgeber darf dich nicht „maßregeln“, weil du beim Streik ein Grundrecht nach Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz ausübst. Deshalb darf er dich wegen eines Streiks nicht abmahnen oder gar kündigen.
Zugegeben: Bei der Nutzung digitaler Einrichtungen und Endgeräte im Zusammenhang mit Streikmaßnahmen sind viele Fragen rechtlich nicht abschließend geklärt. Häufig bestehen sogar im Betrieb zu deren Nutzung keine klaren Regelungen. Aber egal ob vor dem Rechner oder vor dem Werkstor: Es gilt, entschlossen zu handeln und sich geschlossen zu beteiligen! Zur Sicherheit wird mit einem Tarifergebnis auch eine sogenannte Maßregelungsklausel abgeschlossen, die vor Abmahnungen und anderen Benachteiligungen schützt.
Wann wird gestreikt?
Wo wird gestreikt?
Die EVG-Mitglieder werden spätestens 24 Stunden vor dem Streik per E-Mail informiert. Bitte dazu eine aktuelle E-Mail-Adresse im EVG-Mitgliederbereich unter https://www.evg-online.org/ -> Login/Registrieren hinterlegen. Alternativ kannst du auf die EVG-Betriebsgruppenleitung, z.B. Ricarda Schilling oder Erol Polat-von Meding, zugehen. Bitte achte darauf, vorzugsweise eine mail-Adresse außerhalb des BKU-Systems zu hinterlegen. Warnstreiks finden innerhalb betriebsüblicher Arbeitszeiten statt (dieses Mal konzernweit von Sonntag, 14.05.2023, 22.00 Uhr bis Dienstag, 16.05.2023, 24.00 Uhr). In Frankfurt ist der für den 16.05. nachmittags eine Kundgebung geplant. Das virtuelle Streiklokal ist Montag, 15. Mai zwischen 9 und 11 sowie zwischen 13 und 15 Uhr geöffnet sowie Dienstag, 16. Mai zwischen 14 und 16 Uhr. Wo und wann sowie über die Öffnungszeiten des „realen“ Streiklokals informieren wir hier, sobald wir die Infos haben.
Wichtig ist: Ab dem Zeitpunkt des offiziellen Streikendes leben die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag wieder auf – man muss also seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber wieder anbieten.
Es gibt ein Streiklokal im Jugendclub des DGB-Hauses. Darüberhinaus besteht auch für aus dem Home-Office Streikende die Möglichkeit, ein virtuelles Streiklokal aufzusuchen.
Ich arbeite bei DB Sicherheit. Werden mir die Stunden, die ich während des Warnstreiks nicht gearbeitet habe, als „Minusstunden“ vom Lohn abgezogen?
Der Arbeitgeber hat das Recht, die während eines Streiks nicht erbrachte Arbeitsleistung vom Lohn abzuziehen. Bei vielen DB Konzerngesellschaften wird dies aber nicht praktiziert. Aktuell zieht der Arbeitgeber aber -erstmalig bei Warnstreiks- bei vielen Mitarbeitern Lohn ab für die Teilnahme an Warnstreiks. Hierbei ist wichtig, dass bei Einbehaltung vom Lohn auch die entsprechenden Stunden vom Arbeitszeit-Soll abgezogen werden – sonst zahlt Ihr doppelt für die Streikteilnahme.
Weitere Infos findet Ihr hier.
Kann ich im HomeOffice streiken?
Eindeutig ja! Die Arbeitsniederlegung im Homeoffice ist denkbar einfach: Man stellt für die Dauer des Warnstreiks (die sich aus dem Streikaufruf ergibt) die Tätigkeit ein, beantwortet keine E-Mails und geht nicht ans Telefon. Werden digitale Warnstreikformate angeboten, kann man an diesen teilnehmen. Gut wäre aber, wenn auch der Arbeitgeber mitbekommt, dass man sich am Warnstreik beteiligt und die Forderungen der EVG dadurch unterstützt, z.B. durch einen Abwesenheitsassistenten mit der Botschaft: „Derzeit bin ich im Warnstreik, um die berechtigten Forderungen der Gewerkschaft EVG zu unterstützen!“ Der Warnstreik im Homeoffice muss sichtbar sein! Und dies sichert auch gegen einen späteren Vorwurf der unberechtigten Abwesenheit während der Arbeitszeit ab. Eine Verpflichtung dazu besteht allerdings nicht.
Darf ich an einer digitalen Kundgebung oder Streik-versammlung mit meinem Dienstrechner oder Diensthandy teilnehmen?
Laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (1 ABR 31/12) muss der Arbeitgeber nicht hinnehmen, dass seine Betriebsmittel quasi „gegen ihn“ eingesetzt werden – allerdings nur, wenn er die ausschließliche dienstliche Nutzung angeordnet hat. Außerdem kann die Gewerkschaft die Beschäftigten auf keine andere Art erreichen, da eine richtige Kundgebung derzeit nicht oder nur unter sehr erschwerten Umständen möglich wäre. Eine Nutzung dienstlicher Endgeräte muss daher zulässig sein. Wer auf Nummer sicher gehen will, benutzt – wenn möglich – sein privates Notebook oder Mobiltelefon. Und natürlich seine private mail-Adresse.
Muss ich meinen Abwesenheitsagenten beim Mailprogramm aktivieren, während ich streike?
Nein, das muss ich nicht – und der Arbeitgeber kann mir das auch nicht vorschreiben. Aber umgekehrt haben wir natürlich ein Interesse daran, dass möglichst viele Leute sich zum Streik bekennen, dafür Werbung machen und dass es noch mehr Leute werden. Also verbinden wir diesen Abwesenheitsagenten mit einem indirekten Aufruf „Schließt euch an“ und könnten an dieser Stelle nochmal die Forderungen auflisten….
Bekomme ich Streikgeld?
Muss ich die Arbeitszeit nacharbeiten und Überstunden leisten?
Wenn du streikst, kürzt dir der Arbeitgeber für diesen Tag den Lohn. Die EVG zahlt ihren Mitgliedern für jeden Streiktag ein Streikgeld, das steuerfrei ist. Wer am Streiktag Mitglied wird, bekommt ebenfalls Streikgeld. Das gilt aber nur für den unbefristeten Streik („Erzwingungsstreik“) nach einer Urabstimmung – nicht hingegen für Warnstreiks.
Nein. Die Anordnung von Überstunden wegen der Teilnahme am Streik ist rechtswidrig und unwirksam. Eine Verpflichtung zur Nacharbeit der durch den Streik ausgefallenen Arbeitsstunden besteht nicht. Übrigens bedarf die Anordnung von Überstunden der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats.
Im Homeoffice gilt nichts anderes als beim Warnstreik im oder vor dem Betrieb: Die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis sind suspendiert, es besteht keine Arbeitspflicht, aber auch keine Pflicht des Arbeitgebers, die Zeit des Warnstreiks zu vergüten. Er kann somit das Entgelt entsprechend kürzen. Dafür gibt es aber -> Streikgeld (siehe unten)
Muss ich nach Ende des Streiks wieder arbeiten?
Werden Sozialbeiträge einbehalten?
Ja, sobald der Streik vorbei ist. Wenn z.B. ein Streik um 14:00 Uhr endet, musst du danach wieder pünktlich deiner Arbeit nachgehen, sollte das in deiner normalen Arbeitszeit liegen.
Hierzu gibt es eine separate FAQ auf der Homepage der EVG. Wichtig ist: Der Krankenversicherungsschutz bleibt bis zu einem Monat bestehen; für Pflichtversicherte werden während des Streiks keine Beiträge abgeführt, für freiwillig gesetzlich Versicherte sowie für Privatversicherte bleibt die Beitragspflicht jedoch bestehen.
Was ist, wenn ich dienstlich unterwegs bin in einem Hotel und von dort aus am Streik teilnehme?
Wenn du selbst am Streik teilnimmst, kann der Arbeitgeber dir die Hotelkosten nicht kürzen, denn während eines Streiks behältst du ja auch deine Arbeitsmittel wie Smartphone und Laptop. Allerdings kann es sein, dass die Streikzeit nicht mit in die Tagespauschale bei Abwesenheit eingerechnet bzw. die Pauschale entsprechend gekürzt wird.
Brauchst du noch mehr Infos?
Hier haben unsere Kolleg:innen von ver.di einen 141-seitigen Fragenkatalog „Stichworte zum Arbeitskampfrecht“ von A bis Z zusammengestellt….
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